Gehirne im Fernsehen und in Lima, Peru

Das Gehirn ist ja eines der wichtigeren Organe des Menschen und erregt (gewissermaßen bei sich selber) immer wieder Interesse. Gerade wird in der ARD eine interessante Reihe mit dem Titel Expedition ins Gehirn gezeigt, die auch schon im Februar auf Arte lief. Die erste Folge (Gedächtnis-Giganten) war faszinierend, es wurden Menschen gezeigt, die – obwohl autistisch oder anderweitig gehirngeschädigt – unglaubliche Gedächnisleistungen vollbringen. Fortsetzung in der ARD am 22. März 2006, 23.15 – 0.00 Uhr (Der Einstein-Effekt) und 23. März 2006, 23.45 – 0.30 Uhr (Der große Unterschied), aber auch zu weiteren Terminen auf anderen Sendern.

Wenn man in Lima wohnt oder dort mal zu Besuch vorbeischaut, kann sich vom Gehirn selber ein Bild machen. In Lateinamerikas erstem Gehirnmuseum im Krankenhaus Santo Toribio de Mogrovejo ist vor wenigen Tagen eine Ausstellung mit mehr als 3000 Gehirnen frisch eröffnet worden. In einem Nebenraum gibt’s passenderweise auch gleich den Seziertisch nebst 30 cm langem Seziermesser zu sehen. Die Direktorin des Museums, Diana Rivas, besorgt den Nachschub selbst, zumindest wird sie zitiert mit dem Spruch „For me, cutting brains is like peeling potatoes“ (Gehirne zerschneiden ist für mich wie Kartoffelschälen). Die armen Organspender sind an diversen Hirnkrankheiten gestorben: gezeigt werden Hirne der Opfer von Krebs, Trichinose, Alzheimer, Aids, Gehirnschlag und Creutzfeldt-Jakob. Ein Besuch ist nach dem Essen zu empfehlen.

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Bergbau in und Metallexport aus Peru

Metalle wie Kupfer, Zink, Silber, Gold und Molybdän (was war doch gleich Molybdän?) sind der Exportschlager von Peru. Insgesamt machten sie im Januar über 50% der peruanischen Exporte aus, wie Perus Energie- und Bergbauminister Glodomiro Sanchez verlauten läßt. 1 Milliarde US-Dollar wollen Bergbauunternehmen dieses Jahr in Peru investieren und Rohstoffe im Wert von vielen Milliarden Dollar pro Jahr exportieren. Allein im Januar 2006 exportierte Peru Rohstoffe im Wert von über 720 Millionen US-Dollar.

Wenn man die Wirtschaftsnachrichten aus Peru verfolgt, stößt man oft auf Bekanntmachung internationaler Bergbaugesellschaften, die stolz ihre neuen „Mining“-Projekte verkünden und Details der Geologie und der Finanzierung preisgeben (z.B. hier und hier). Ein bisschen tiefer graben muß man, um die Kehrseite der Medallie zu finden: Gesundheits- und Umweltschäden (z.B. in La Oroya).

Ich finde das Thema interessant genug, um die Fakten dazu ab heute auf einer eigenen Seite mit dem Titel Bergbau in Peru zu sammeln.

Die Sexpillen der Biopiraten

Maca ist eine rübenähnliche Knolle, die in den Hochanden Perus von den Andenbewohnern kultiviert wird. Sie wächst nur über 4000m Höhe und ist dabei extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt, z.B. 30 Grad Temperaturschwankungen innerhalb eines Tages. Um so überhaupt überleben zu können, saugt die Pflanze alles Wertvolle aus dem Boden, was sie kriegen kann – nach einer Ernte muss der Boden erstmal zehn Jahre ruhen. Die erntereife Knolle ist so reich an Vitaminen und Mineralien, dass sie schon bei den Inkas als Stärkungsmittel für die Krieger eingesetzt wurde. Auch heute noch kochen sich die Andenbewohner gerne mal ein Macasüppchen.

Seit den 90er Jahren spricht sich auch die Heilwirkung der Pflanze herum: sie soll ein Wundermittel gegen Krebs und Depressionen sein und auch als Potenzmittel herhalten. Wer Werbung für Maca-Sexpillen sehen will, kann ja mal bei Google nachschauen. Die Produktion wächst und inzwischen macht Peru 3 Millionen Dollar Umsatz pro Jahr mit Maca, Tendenz steigend.

Die lange Tradition von Maca in den peruanischen Anden hindert Pharmaunternehmen nicht daran, Maca kommerziell zu erschließen. Die Unternehmen haben auch keine Hemmungen, sich Patente auf uralte Verfahren der Andenvölker zu sichern. Solche Ausbeutung traditioneller Naturheilkunde wird von Gegnern als Biopiraterie bezeichnet:

Auf Grund der unterschiedlichen Klima- und Höhenzonen ist die Andenregion schon heute das weltweite Zentrum der Biopiraterie. Auf viele Heilpflanzen Perus, die seit jeher von der Bevölkerung kultiviert werden, melden ausländische Firmen Patente an. Sie sind sowohl auf den Hochebenen als auch in den äquatorialen Wäldern des Amazonas unterwegs: Bio-Prospektoren. Sie werden von Pharmakonzernen geschickt oder ziehen auf eigene Kosten los. Sie sammeln Pflanzen und Informationen und recherchieren das traditionelle Wissen bei den einheimischen Heilpraktikern. Die so erhaltenen Informationen, Proben und Erkenntnisse werden dann in den Forschungs- und Produktionszentren Europas oder der USA verwertet, weit weg von den Anbaugebieten. (Quelle: Arte).

Am 1. März 2006 läuft um 19:00 Uhr ein Film über Maca auf Arte: „Maca – Die Wunderpflanze mit Potenz“ (Dokumentation, Deutschland 2004, WDR, Regie: Basile Sallustio). Wird am 08.03.2006 um 17:20 Uhr wiederholt.

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Inkagold länger in Leipzig

Die Ausstellung „1000 Jahre Inkagold“ in Leipzig, über die wir zur Eröffnung berichtet haben (hier und hier), die 85 Exponate aus dem Museo del Oro aus Lima zeigt, ist bis Ende April verlängert worden, wie in der Leipziger Volkszeitung zu lesen ist.

Im Artikel sind auch ein paar kritische Stimmen zur Gestaltung der Ausstellung zu lesen – und eine interessante Hintergrundstory zum Museumsgold:

Dass der Leihgeber, das Goldmuseum (Museo del Oro) im peruanischen Lima, 2001 in einen handfesten Skandal verwickelt war, erfahren die Besucher weder in der Ausstellung noch im Katalog. Bereits in den 80er Jahren hatten Spezialisten Zweifel an der Seriosität des Museums geäußert. Laut einem Bericht des britischen Kunst-Magazins „The Art Newspaper“ von 2002 habe dann 1999 eine erste genauere Analyse stattgefunden. Exponate aus dem Haus sollten zu einer Ausstellung ins süddeutsche Bohlingen gehen. Ergebnis: Viele der Stücke seien aus verschiedenen alten Goldbestandteilen zusammengesetzt, andere seien neu und von Künstlern in der Gegend hergestellt worden, schreibt das Magazin. In Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität in Lima führte die peruanische Verbraucherschutzbehörde 2001 eine groß angelegte Untersuchung der mindestens 20000 Stücke zählenden Sammlung durch. Ricardo Maguina, ein Vertreter der Behörde: „Wir reden über die Möglichkeit, dass 15 Prozent der Artefakte authentisch sind und der Rest nicht.“

Die Möglichkeit, dass 85 Prozent der Sammlung, also 17000 Stücke, gefälscht sind, war aber wohl doch eher eine theoretische (vielleicht hatte Ricardo Maguina erst 15% untersucht). Zumindest konnte angeblich keiner der Verdachtsfälle von unabhängigen Gutachtern bestätigt werden. Aber die Story ist doch zu schön, um sie nicht zu schreiben, denn auch die damals kursierenden Gerüchte geben Material für einen Kinofilm ab. Laut LVZ fabulierte ein Politiker damals über die Möglichkeit, dass die echten Stücke bei einer Auslandsreise ausgetauscht wurden. Die Stiftung des Museums hatte eine andere Erklärung: der alte Sammler Miguel Mujica Gallo, der 2001 im Alter von 91 Jahren starb, sei augenkrank gewesen – was wohl bedeuten soll, dass er sich die Fälschungen hat unterjubeln lassen.

2002 schrieb José Gabriel Chueca für „The Art Newspaper“ den Artikel „Fakes In Peru’s Gold Museum“ (hier veröffentlicht von Forbs.com), in dem weitere Details dazu ans Licht gebracht wurden.

Gold, Inka, Sammlung, Peru, Leipzig, Museum, Fälschung

Neue Schriften und Bilder der Maya

Auch in Guatemala buddeln Forscher, um mehr über die Ureinwohner Amerikas herauszufinden. Dort geht es um die Maya, die von 300 bis 900 n.Chr auf dem Gebiet in Mittelamerika ihre Blütezeit hatten, wo heute die Staaten Mexiko, Guatemala, El Salvador, Honduras und Belize liegen. Kürzlich fand man einen mit Schriftzeichen bepinselten Stein (älteste Maya-Schrift) , ein buntes Wandbild (ältestes Maya-Wandbild) und eine 2 Meter hohe Steinstele mit eingraviertem Frauenbild (ältestes Maya-Frauenbild). Alles stammt wohl aus der Zeit 500 bis 100 vor Christus.

Mehrere Forscherteams an zwei Orten sind beteiligt:

  • Der Archäologe Boris Beltran von der Universität San Carlos in Guatemala fand den Hieroglyphen-Stein, ein Mauerrest, bei einer Pyramide im Dschungel von Guatemala, im Forschungsgebiet bei San Bartolo. Von den 10 hübschen Piktogrammen auf dem Stein konnte nur das Wort „Führer“ dekodiert werden. Die anderen, abstrakteren Bilder bewerten die Forscher als Vorläufer der Elemente der späteren Maya-Schrift. Diese umfasst 800 Zeichen, von denen erst die Hälfte entschlüsselt ist.
  • William Saturno, ein Hilfsprofessor der Anthropologie von der Universität New Hampshire, fand das farbige Wandbild an der gleichen Ausgrabungsstätte in einem verschütteten Raum. Es soll eine Schöpfungsgeschichte zeigen.
  • Die Stele mit dem ältesten Frauenbild fand die kanadische Archäologin Kathryn Reese-Taylor von der Universität Calgary in Naachtun, noch einer Maya-Stadt im Dschungel.

In der heutigen Zeit hat der Bürgerkrieg (1960 bis 1996, 100.000 Tote) zwischen den Nachfahren der Maya und dem Militär (Nachfahren der Eroberer?) Ausgrabungen in Guatemala lange verhindert. Aber jetzt scheint es so richtig loszugehen mit den Entdeckungen.

Material

Goldener Enthaarer im Spiegel

Zu der Inkagold-Ausstellung (Enthaarer u.a.), zu der ich vor einigen Tagen hier berichtet habe, gibt es jetzt auch ein Interwiew im Spiegel. Und zwar mit dem Kurator der Ausstellung, Wilfried Morawetz. Morawetz ist hauptberuflich der Leiter des Lateinamerika-Zentrums der Universität Leipzig. Im Spiegel erzählt er einige kurze, aber spektakuläre Anekdoten rund um das Inkagold.

Die „Goldstücke“ kommen übrigens wirklich aus dem Limaer Museo de Oro del Perú, wie der Kurator bestätigt. Die Tochter des Sammlers, Victoria Mujica, hat die Ausstellung sogar eröffnet.

Leipzig zeigt goldene Nasenplatten und Enthaarer aus dem alten Peru

In Peru gibt es eine Menge Gold, früher und auch heute noch. Peru ist der größte Goldlieferant in der Region Südamerika – und wächst weiter: seit 1997 verdoppelte sich die Goldproduktion. Der peruanische Minenkonzern Buenaventura zählt nach Börsengewicht zu den Top Ten der Goldkonzerne (Quelle: Handelsblatt.com). Der Konzern betreibt die profitabelste Goldmine der Welt, das Yanacocha-Projekt. Die Aktienbesitzer macht das glücklich, aber es gibt auch Probleme damit, z.B. Umweltzerstörung. So werden angeblich für ein Gramm Gold ca. 166 Gramm Zyanid eingesetzt (Quelle: kulturkritik.net). Zyanid läßt Fische schonmal gerne mit dem Bauch nach oben schwimmen.

Jedenfalls hat das Fördern und die Verarbeitung von Gold eine lange Tradition in Peru. Bei den Inka z.B. war das Gold heilig und man schätze es als eine Gabe der Götter und Abbild der Sonne. Einen materiellen Wert hatte es für die Inka nicht (Quelle: Inkagold-Ausstellung.de). Anders sahen das die Spanier unter der Führung von Francisco Pizarro, die das Inka-Reich zerstörten und das Gold raubten. Ironie des Schicksals: Pizarro überschwemmte Spanien mit dem Diebesgut und löste dort so die erste galoppierende Inflation aus.

Ab heute bis 28.2.2006 werden in Leipzig einige Schätze aus dem Reich der Inka und anderer Völker Perus gezeigt. Vor ein paar Tagen wurden die Exponate zur Ausstellung „1000 Jahre Inka-Gold“ im Romanushaus zu Leipzig (gegenüber Museum für Bildende Kunst, Katharinenstraße 23, D-04109 Leipzig) überführt. Die Wertsachen wurden ordentlich gesichert: durch „zwei gepanzerte Transporter, bewaffnete Wachleute und Polizei-Eskorte“ laut Leipziger Volkszeitung. Hoffentlich bricht nun niemand in das Romanushaus ein. Das Museo de Oro del Perú in Lima, laut Peruanischer Botschaft ein Mitveranstalter der Ausstellung, ist jedenfalls mehr oder weniger ein im Boden eingegrabener, begehbarer Tresor, umgeben von einem großräumig abgesicherten Gebiet.

Einige Exponate kann man sich auf der Webseite der Ausstellung ansehen. Welche Geschichten verbergen sich wohl hinter so scheinbar alltägliche Gebrauchsgegenständen wie Nasenplatten und Enthaarer?

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Antike Frauenbrauerei in den Anden

Chicha ist ein bierähnliches Getränk auf Basis von Mais, das in den Anden populär ist. Ich habe einmal Chicha Morada (aus Maiz morado, einem dunkelroten Mais) probiert und es schmeckte nicht schlecht. Wenn ich mich recht erinnere, war es irgendwie lila und schmeckte eher süßlich, auf jedenfall interessant. Mehr als das eine Glas hätte ich allerdings nicht verkraftet, aber das ist mir beim ersten Uerigen (ebenfalls ein regional verbreitetes, bierähnliches Getränk) auch nicht anders ergangen. An alkoholische Wirkung kann ich mich nicht erinnern – ich hatte eher den Eindruck wie bei einem Almdudler, mal von der Farbe abgesehen. Wieviel Prozent da wohl drin waren?

Jedenfalls hat das Getränk auch eine lange Tradition. Schon die Vorgänger der Inka brauten Chicha. Archäologen buddelten in Peru kürzlich eine Brauerei aus, die von den Wari betrieben wurde. Die Wari waren eines der beiden Völker, die in den Anden je ein größeres Reich unterhielten, so ca. von 600 bis 1000 nach Christus, also noch vor dem Superreich der Inka. Das andere Volk waren die Tiwanaku, die rund um den Titicaca-See lebten. Im Moquegua-Tal in Südperu grenzten die beiden Reiche aneinander, und das mag der Gund gewesen sein, warum die Wari hier eine Festung bauten. Der Ort wird Cerro Baúl genannt – und hier wird heute gegraben und geforscht.

Scientific American berichtet heute über die neusten Forschungsergebnisse aus Cerro Baúl: Es waren besserverdiendene Frauen, die das Chicha brauten. Das schließen die Forscher aus schmucken Anstecknadeln, die in der Brauerei auf dem Boden vertreut herumlagen. Beim Abzug der Wari aus dem Gebiet um das Jahr 1000 wurde die Brauerei angeblich rituell in Brand gesteckt. Die Forscher fragen sich noch, ob die Frauen bei dieser heißen Abschlussparty ihre Anstecker in die Flammen warfen oder ob sie im Laufe der vorangegangenen Jahrhunderte die Broschen einfach verloren haben (im Sinne von „laß liegen, tritt sich fest“). Zitat: „At that final party, the women brewers may have tossed their tupus (decorative pins) into the flames or they may simply have lost them during the hot work in the brewery over all the centuries preceding it.“

Ich tippe auf letzteres, denn wer würde sich schon freiwillig von Wertsachen trennen – aber von Frauen, die ihren Schmuck verbummeln, habe ich schon gehört :-)

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