Von der peruanischen Wahl in Offenbach und Party in Frankfurt

Absperrungen vor dem Generalkonsulat von
Peru in Offenbach um die Wählermassen
zu ordnen

Am 4.6.2006 wurde in einer Stichwahl Alan Garcia zum neuen Präsidenten von Peru gewählt. Auch die Peruaner im Ausland waren daran beteiligt. Weil meine Frau Peruanerin ist, war ich gewissermaßen als Beobachter ebenfalls dabei. So eine Wahl nach peruanischer Art unterscheidet sich zwar nicht im Wesentlichen von einer deutschen Wahl, aber die vielen kleinen Detailunterschiede finde ich interessant.

Um also der Wahlpflicht der Staatsangehörigen von Peru genüge zu tun und der Geldstrafe von 30 Dollar für Nichtwähler zu entgehen, sind wir am ersten Sonntag im Juni zur Wahl nach Offenbach gefahren. Da es nur ein Wahllokal für ganz Hessen und Nordrhein-Westfalen gab, kamen zur Wahl viele Peruaner und Peruanerinnen aus den beiden Ländern zusammen. Das ist schon ein außergewöhnliches Ereignis, das gefeiert werden kann. Und so gliederte sich unser Tag in zwei Teile: 1. Wahl in Offenbach und 2. Fiesta in Frankfurt.

Teil 1: Die Wahl des Präsidenten

Wählerlisten

Die Fahrt von Düsseldorf nach zum Generalkonsulat von Peru in Offenbach war problemlos. Nach gut zwei Stunden Autofahrt über staufreie Autobahnen standen wir vor dem Konsulat. Um die Wählermassen in geordnete Bahnen zu lenken, waren Absperrgitter vor dem Eingang aufgebaut. Zwei Wahlräume mit je mehreren Wahltischen waren aufgebaut.

Aber bevor er zur Wahl schreiten konnte, mußte der Wähler erstmal seinen Wahlraum und seine Wahltischnummer herausfinden. Dazu waren entsprechende Listen außen am Gebäude aufgehängt, auf denen die Peruaner die „Tischnummer“ ihres Wahlausweises suchen durften. Wenn man seine Nummer gefunden hatte, wußte man erstmal, in welche Schlange man sich einreihen durfte.

Neben den Wählerlisten waren noch weitere Plakate ausgehängt. Eines klärte den Wähler über die sieben notwendigen Schritte zur erfolgreichen Wahl auf:

Die 7 Schritte zum Wahlerfolg
  1. Wahltisch auf öffentlich ausgehängter Wählerliste finden,
  2. Wahlschein am Wahltisch abholen,
  3. Kreuzchen machen,
  4. Wahlschein in die Urne werfen,
  5. auf der Wählerliste am Wahltisch unterschreiben und mit Zeigefingerabdruck bestätigen,
  6. Mittelfinger in das Tintenfass stecken,
  7. prüfen, ob man auch das Hologramm bekommen hat, das die Pflichterfüllung bestätigt.
Stimmzettel mit fiktiven Kandidaten

Daneben wurde ein Abbild eines Stimmzettels ausgestellt. Die Stimmzettel zeigen von beiden Kandidaten der Stichwahl jeweils ein Foto und ein Logo. Im Beispiel allerdings nur mit fiktiven Kandidaten, anscheinend einer fortschrittlichen Telefon-Partei (links!) und einer konservativen Bleistift-Partei (rechts!). Man darf ein Kreuzchen oder ein X machen. Ein spezielles Feld zum Ankreuzen ist allerdings nicht da – man muss den Kandidaten der Wahl einfach durchkreuzen oder durch-X-en.

Soldaten dürfen bevorzugt wählen

Bestimmte Wählergruppen werden bevorzugt behandelt, wie man auf einem weiteren Aushang lesen kann: Schwangere, Menschen mit Säuglingen, Alte, Behinderte, Polizisten und Soldaten (sofern sie Uniform tragen oder sich ausweisen können). Und dafür gibt es sogar mehrere Gesetze und eine Resolution (Ley N.°27408, Ley N.°27050, y Resolución Jefatural N.°080-2006-J/ONPE).

Im Wahllokal

Vollbesetzer Wahltisch Nr. 6
Markierter Finger direkt nach der Stimmabgabe
Blauer Finger gegen
die Zweitstimme

Diese Bedienungsanleitung haben wir aber erst nach der Wahl entdeckt – so haben wir uns einfach zu dem Knubbel Peruaner vor dem Eingang gesellt. Es war um 14:00 Uhr zum Glück nicht (mehr?) so voll, dass wir lange warten mussten. Die Tische A bis F wurden einzeln aufgerufen. Bei jedem Aufruf schlängelte sich jemand mit dem passenden Buchstaben aus der gut gelaunten Menge nach vorne. Nicht zu lange später waren wir dran – ich durfte als Wahlbeobachter freundlicherweise mit rein. Dann lief alles so, wie wir später in der Anleitung nachgelesen haben. Wahlschein, Kreuzchen, Urne, Unterschrift, Abdruck, Tintenfinger, Hologramm. Die Peruaner gehen wirklich auf Nummer sicher. Auf der internen Wählerliste am Wahltisch war sogar ein Foto von jedem Wähler abgedruckt.

Mit Erlaubnis der drei freundlichen Damen vom Wahltisch durfte ich die Wahl fotografisch dokumentieren. Die hier abgebildete Geste der Wählerin mit dem Mittelfinger hat übrigens keinen anderen Hintergrund als die vorschriftsmäßige Handhaltung beim Tunken des Fingers in das Tintenfass.

Peruanischer Imbiß im Park

Peruanische Freßbuden

Danach sind wir in eine Park direkt gegenüber gegangen, in dem ein paar Imbißbuden und ein Bierstand aufgebaut waren. Dort gab es peruanisches Essen (Ceviche und importiertes typisches Knabberzeug) und Getränke (Chicha Morada, Inka-Cola).

Te amo, Perú
Ceviche

Die Verkäufer trugen mehrheitlich rote „Te amo Peru“-T-Shirts. Wir haben zuerst gedacht, es wären Freunde von Humalas Partei, denn die Humalista trugen während des Wahlkampfes als Marketing-Gag immer ein rotes T-Shirt mit einer Liebeserklärung für Peru. Allerdings ist jenes doch ein bisschen anders gestaltet und trägt den Schriftzug „amor por el PERÚ“ (siehe z.B. hier).

Teil 2: Die Fiesta Peruana

Leckere Auswahl peruanischer Speisen

Für das Nachmittagsprogramm hatten wir eigentlich die Frankfurter Zeil und das Museumsufer geplant, aber dann fiel uns die Ankündigung einer Fiesta Peruana in dem Frankfurter Club Latin Palace Changó in die Hände. Shopping und Gemälde oder Livemusik und Tanzen?

Das Changó war nicht schwer zu finden (nahe am Hauptbahnhof, Münchener Strasse 57). Als erste angenehme Ãœberraschung gab es hier nochmal peruanisches Essen – und zwar sehr lecker und zu zivilen Preisen:

Unsere Wahl:
Chicharon, Pollo und Cusqueña Bier
  • Chicharon con mote (frittierte Schweinefleischstücke mit Mais)
  • Ceviche (roher Fisch in Zitronensaft)
  • Arroz con pollo (Reis mit Hähnchen)
  • Papa a la Huancaina (Kartoffeln mit Käse-Chili-Sauce)
  • Causa (Kartoffelpüree mit Füllung)
  • Aji de Gallina (Eintopf aus Kartoffeln, Hähnchen und Chili)
  • Arroz con leche (Milchreis)
  • Keque (Kuchen)
  • Mazamorra morada (Pudding aus rotem Maismehl)

Dazu zwei Cusque̱a-Bierchen Рwie in Lima.

Livemusik von Sol Latino

Währenddessen legte die Band mit Gesang und Gitarrenmusik los. Die Gruppe nannte sich Sol Latino und spielte Lieder aus den Anden, darunter El Condor Pasa auf der Panflöte, aber auch ganz andersartige. Ich habe nur ein Foto von dem Gitarren-Duo, aber es waren zeitweilig bis zu fünf Musiker auf der Bühne.

Festejo Tänzerin

Später legte der DJ dann Salsa, Merengue und zwischendurch auch peruanische Tanzmusik auf, z.B. Festejo. Es war eine angenehme Stimmung. Anders als die Deutschen haben die Peruaner Volkstänze, die sie auch gerne und zwanglos in der Disco tanzen, wenn sich die (in Deutschland) seltene Gelegenheit bietet. Ich habe auch ein paar Tanzschritte gelernt. Der Tanz heißt Saya. Die Frau bewegt sich dabei sexy und hüftbetont mit recht kompliziert aussehenden Schritten, der Mann schlenkert eigentlich nur ausladend seine Arme und stampft dazu machohaft männlich breitbeinig und mit zurückgelehntem Oberkörper mit den Füßen auf den Boden. Als Überraschung des Abends führte eine Tänzerin noch einen Festejo auf.

Auf der Rückfahrt nach Düsseldorf waren wir müdegetanzt.

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