Stichwahl kommt in Guatemala

Nach einem harten „Wahlkampf“ (mehr als 50 Parteimitglieder und Kandidaten wurden getötet) ist in Guatemala am Sonntag, 9.9.2007, gewählt worden. Ergebnis: Alvaro Colom Caballeros von der linksgerichten Nationalen Union der Hoffnung (UNE) muß in einer Stichwahl um das Präsidentenamt, voraussichtlich am 4. November, gegen Otto Perez Molina von der Patriotischen Partei (PP) antreten. Colom steht für Sozialausgaben gegen Armut, Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und Reform des Justizsystems. Molina für Kampf gegen die Kriminalität, Aufstockung der Polizei und Wiedereinführung der Todesstrafe. Zwei doch recht entgegengesetzte Wege, um das Land zu führen, dessen 6 Millionen Wahlberechtigte dieses Jahr um ca. 6000 Stimmen reduziert wurde – durch Mord.

Dass Perez Molina im 36-jährigen Bürgerkrieg als Militär im Einsatz war und im Zusammenhang mit Massakern an der indigenen Maya-Zivilbevölkerung genannt wird, hat ihm offenbar nicht genug geschadet, um ihn aus dem Rennen zu werfen. Die Kandidatin Rigoberta Menchu, Friedensnobelpresträgerin, holte nur 3 % der Stimmen.

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Lateinamerika auf der Weltrangliste der Korruption

„Korruption hält Millionen von Menschen in der Armutsfalle gefangen.“ So äußert sich Huguette Labelle, die Vorsitzende von Transparency International. Transparency International, kurz TI, ist eine nichtstaatliche Organisation, die sich international gegen Korruption engagiert. Am 6. November hat TI den jährlich erscheinenden Corruption Perceptions Index 2006 veröffentlicht. Dieser „Korruptionswahrnehmungsindex“ basiert auf Expertenumfragen zur Wahrnehmung von Korruption im öffentlichen Sektor. Die Studie fasst die Ergebnisse von Untersuchungen aus folgenden 12 verschiedenen Quellen zusammen:

Heraus kommt für jedes Land ein Wert zwischen 0 („sehr korrupt“) und 10 („kaum korrupt“). Deutschland liegt mit immerhin 8.0 Punkten auf Platz 16 der Tabelle. Die Länder Lateinamerikas schneiden meist deutlich schlechter ab – der Zusammenhang zwischen Armut und Korruption wird durch die Studie deutlich nachgewiesen. Hier die Rangfolge der lateinamerikanischen Staaten:

  • Chile: Index 7,3, Rang 20
  • Barbados: Index 6,7, Rang 24
  • Uruguay: Index 6,4, Rang 28
  • Dominica: Index 4,5, Rang 53
  • Costa Rica: Index 4,1, Rang 55
  • El Salvador: Index 4,0, Rang 57
  • Kolumbien: Index 3,9, Rang 59
  • Jamaika: Index 3,7, Rang 61
  • Belize: Index 3,5, Rang 66
  • Grenada: Index 3,5, Rang 66
  • Kuba: Index 3,5, Rang 66
  • Brasilien: Index 3,3, Rang 70
  • Mexiko: Index 3,3, Rang 70
  • Peru: Index 3,3, Rang 70
  • Trinidad und Tobago: Index 3,2, Rang 79
  • Panama: Index 3,1, Rang 84
  • Argentinien: Index 2,9, Rang 93
  • Dominikanische Republik: Index 2,8, Rang 99
  • Bolivien: Index 2,7, Rang 105
  • Guatemala: Index 2,6, Rang 111
  • Nicaragua: Index 2,6, Rang 111
  • Paraguay: Index 2,6, Rang 111
  • Guyana: Index 2,5, Rang 121
  • Honduras: Index 2,5, Rang 121
  • Ecuador: Index 2,3, Rang 138
  • Venezuela: Index 2,3, Rang 138
  • Haiti: Index 1,8, Rang 163

(Weitere Länder Lateinamerikas sind von der nicht erfasst – nur Länder, die in mindestens 3 der 12 Quellen vorkommen, wurden aufgenommen.)

Zum Vergleich: Chile liegt auf Augenhöhe mit den USA (7,3, Platz 20), Barbados und Uruguay liegen knapp vor bzw. hinter Spanien (6,8, Platz 23) und Portugal (6,6, Platz 26). Und danach wird es auch schon finster, bis es am absoluten Tiefpunkt mit Haiti endet (Platz 163 von 163).

Zu der miesen Position von Haiti wurde die Leute von TI anscheinen sehr oft gefragt. So oft, dass sie in ihren „FAQ“ (frequently asked questions) die Bevölkerung von Haiti in Schutz nehmen:

„Korruption ist unbestritten eine der größten Herausforderungen für die Good Goverance-Strukturen, die Entwicklung des Landes und die Armutsreduzierung in Haiti. Doch die Mehrheit der Menschen ist in erster Linie Opfer von Korruption. Korruption, begangen von einer Minderheit einflussreicher Persönlichkeiten und begünstigt durch die Fehler von politischen Führern und Institutionen bei der Kontrolle und Bekämpfung von Korruption, bedeutet nicht, dass ein Land oder seine Bevölkerung am korruptesten sind.“

Es wird interessant sein, die Veränderungen auf der Rangliste über die Jahre zu verfolgen.

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Lateinamerika im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

Flagge der Vereinten Nationen
Flagge der Vereinten Nationen
Bild: Wikipedia.de

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, auch Weltsicherheitsrat genannt, ist das mächtigste Gremium der UN. Darin vertreten fünfzehn Länder die Sicherheitsinteressen der ganzen Welt. Neben den fünf ständigen Mitgliedern China, Frankreich, Großbritannien, Russland und den Vereinigte Staaten sind noch zehn weitere Länder vertreten. Von denen jeweils fünf pro Jahr durch die UN-Generalversammlung auf zwei Jahre neu gewählt werden. Die Kontinente der Welt sollen dabei einigermaßen ausgewogen vertreten sein, daher sind regelmäßig zwei Länder aus Lateinamerika dabei. 2006 und 2007 ist Peru eines dieser beiden Länder. Das andere ist Argentinien, dessen Mitgliedschaft aber Ende 2006 endet. Der Neuwahlprozess für den 2007/2008-Latino-Sitz ist gerade im Gange. Da Hugo Chávez‘ Venezuela einer der beiden Kandidaten ist, ist für spannende Unterhaltung gesorgt. Der andere Kandidat ist Guatemala, das von den USA ins Rennen geschickt wurde. Beide erreichen aber nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Trotz 41 Wahlgängen konnte bis heute keine Entscheidung erzielt werden – klingt ja nach ein paar frustrierenden Nächten im Versammlungssaal.

„Hugo Chavez gibt so leicht nicht auf, vor allem dann nicht, wenn es darum geht, die USA zu ärgern“ (sueddeutsche.de): Jetzt schlägt Chávez als Alternativkandidat seinen „Freund“ Bolivien vor, aber USA und Guatemala stellen auf stur und wollen die Kandidatur Guatemalas nicht zurückziehen sondern erstmal „weiterkämpfen“.

Dazu:

Update 5.11.06: Nach 47 Abstimmungsrunden haben sich die Abgeordneten im Weltsicherheitsrat auf Panama als Kompromisskandidat geeinigt.

UN, Vereinten Nationen, Sicherheitsrat, Wahl, Lateinamerika, Venezuela, Guatemala, Bolivien, Hugo Chávez, USA

Mumie, Observatorium, Königsgrab, Linienbild und alter Mais : Entdeckungen in Peru und Guatemala

Die Archäologen buddeln weiter in Peru und Guatemala. Am Jahresanfang machten die Nachrichten zu einer antiken Frauenbrauerei und zu Maya-Fundstücken die Runde. Seitdem gibt es einige Neuentdeckungen:

  • die Mumie einer Indio-Herrscherin in Nord-Peru
  • ein antikes Observatorium bei Lima, Peru
  • ein Maya-Königsgrab in Guatemala
  • 4000 Jahre alter Mais in Waynuna, Peru
  • ein riesiges Linienbild in Peru

Die Mumie

Im Tal von Chicama nahe der Pazifikküste in Nord-Peru liegt das Ausgrabungsfeld El Brujo. Ein Team um den peruanische Archäologen Régulo Franco ist hier schon seit 1990 mit Ausgrabungen beschäftigt. Jetzt haben sie mal wieder was Spektakuläres gefunden: eine sehr gut erhaltene Mumie aus der Mochica-Kultur im vierten Jahrhundert. Die Tote ist eine 20 bis 25 jährige Frau, die offenbar recht mächig war, vielleicht eine Herrscherin, wie die Kultgegenstände aus Gold und Silber in ihrem Grab belegen. Trotz der 1700 Jahre im Grab sind die Tätowierungen auf ihrer Haut noch als Schlangen und Spinnen zu erkennen. Die Wissenschaftler haben die Mumie „Señora de Cao“ getauft. Quellen: El Comercio (spanisch), Handelsblatt (deutsch). Mehr zum Fund in Wikipedia (spanisch) und bei Google.

Das Observatorium

In der Nähe des Ortes Buena Vista in Peru, in Norden von Lima und nur ein paar Kilometer von der Küste entfernt, gräbt ein Team um den emeritierten Professor Robert Benfer (hier seine Homepage) von der Universität Missouri-Columbia. Dort fand er in einer „Temple of the Fox“ getauften Stätte eine große Skulptur eines böse oder traurig, jedenfalls stirnrunzelnd dreinblickenden Gesichtes (vielleicht eine frühe Darstellung von Pachamama, der Verkörperung von Mutter Erde), flankiert von zwei Tierfiguren. Das Ding ist auf 2200 vor Christus datiert, und stammt von einer unbekannten Kultur der vorkeramischen Zeit. Die Wissenschaftler glauben, die Skulptur habe zur Himmelsbeobachtung bzw. Datumsbestimmung gedient, da es zusammen mit anderen Artefakten Linien bildet, die auf den Sonnenauf- und -untergang zur Sonnenwende am 21. Juni und 21. Dezember weisen. Quelle: Columbia Daily Tribune (Englisch). Mehr: Noch eine Seite über den Forscher Robert Benfer. Weitergooglen.

Das Königsgrab

Die alte Maya-Stadt El Peru Waka wurde in den sechziger Jahren im Urwald Guatemalas entdeckt. Das Team um Hector Escobedo (Guatemala-Stadt) und David Freidel (Southern Methodist University, Texas) hat dort jetzt am Fuße einer Pyramide eine Grabkammer entdeckt. Genaugenommen ist Herr Escobedo zufällig durch die Decke der Grabkammer eingebrochen, als das Team gerade die Schäden nächtlicher Anstrengungen von Grabräubern inspizierten. In der Kammer fanden die Forscher außer den Knochen Geschirr aus Ton, eine Trommel, Jadeschmuck, ein Jaguarfell und Tonfiguren – vermutlich das Grab eines Mayafürsten. Der Fürst starb vor etwa 1700 Jahren. Quelle: Spiegel Online. Mehr dazu bei Google.

Der Mais

Archäobotaniker lesen die Vergangenheit aus uralten Ãœberresten von Pflanzen. In Waynuna, Südperu, hat das Team um die Forscherin Linda Perry vom Department of Anthropology des National Museum of Natural History in einem 4000 Jahre alten Bauernhaus Reste von Mais, Kartoffel und Pfeilwurzel aufgestöbert. So alten Mais hat in den Anden bisher noch keiner gefunden – bisher galt nur der Maisanbau seit 2500 Jahren als gesichert. Quelle: Telepolis. Mehr dazu selber googlen.

Das Linienbild

Die Deutsche Forscherin Maria Reiche ist in Peru berühmt, denn ihr Lebenswerk war es, in Peru die Linien von Nazca zu erfoschen. Diese Linen in der Wüste bei der Stadt Nazca sind teilweise schnurgerade und bis zu 20 km lang, teils geometrische Flächen und teils Tierfiguren, von einer Größe von zehn bis mehreren Hundert Metern, z.B. darunter Abbilder von Menschen, einem Affen, Vögeln, Fischen etc. Die Figuren wurden vor rund 2000 Jahren geschaffen. Seit den 1980er Jahren wurden keine neuen komplexen Bilder mehr gefunden – bis kürzlich. Dank moderner Satellitentechnik konnte der japanische Forscher Masato Sakai und sein Team von der Yamagata University in Tokio ein neues Linienbild aufspüren: ein gehörntes Tier mit einer Länge von über 60 Meter. Quelle: Spiegel Online. Mehr dazu bei Google.

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Presseschau der Informationsstelle Lateinamerika

Die Suche nach interessanten Zeitungsartikeln über Lateinamerika hat sich für mich erstmal erledigt, nachdem ich die „Presseschau“ des „ila“-Vereins gefunden habe. Zumindest im deutschsprachigen Bereich. Hier gibt es jede Woche zig Hinweise auf Artikel, jeweils mit Titel, Datum und einem kurzen, erklärenden Kommentar. Und die Leute sind schnell: „heute“ ist erst 30 Minuten alt, und es sind schon 16 frische Artikel eingetragen. Alle Achtung!

„ila“ steht für „Informationsstelle Lateinamerika e.V.“, ein gemeinnütziger Verein aus Bonn, der seit fast 30 Jahren aktiv ist. Hier aus der Selbstbeschreibung:

Die ila ist ein unabhängiger, gemeinnütziger Verein, der sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Hier arbeiten JournalistInnen, LehrerInnen, StudentInnen, WissenschaftlerInnen und ehemalige EntwicklungshelferInnen, die alle jeweils verschiedene lateinamerikanische Länder aus eigener Erfahrungen kennen.

Neue Schriften und Bilder der Maya

Auch in Guatemala buddeln Forscher, um mehr über die Ureinwohner Amerikas herauszufinden. Dort geht es um die Maya, die von 300 bis 900 n.Chr auf dem Gebiet in Mittelamerika ihre Blütezeit hatten, wo heute die Staaten Mexiko, Guatemala, El Salvador, Honduras und Belize liegen. Kürzlich fand man einen mit Schriftzeichen bepinselten Stein (älteste Maya-Schrift) , ein buntes Wandbild (ältestes Maya-Wandbild) und eine 2 Meter hohe Steinstele mit eingraviertem Frauenbild (ältestes Maya-Frauenbild). Alles stammt wohl aus der Zeit 500 bis 100 vor Christus.

Mehrere Forscherteams an zwei Orten sind beteiligt:

  • Der Archäologe Boris Beltran von der Universität San Carlos in Guatemala fand den Hieroglyphen-Stein, ein Mauerrest, bei einer Pyramide im Dschungel von Guatemala, im Forschungsgebiet bei San Bartolo. Von den 10 hübschen Piktogrammen auf dem Stein konnte nur das Wort „Führer“ dekodiert werden. Die anderen, abstrakteren Bilder bewerten die Forscher als Vorläufer der Elemente der späteren Maya-Schrift. Diese umfasst 800 Zeichen, von denen erst die Hälfte entschlüsselt ist.
  • William Saturno, ein Hilfsprofessor der Anthropologie von der Universität New Hampshire, fand das farbige Wandbild an der gleichen Ausgrabungsstätte in einem verschütteten Raum. Es soll eine Schöpfungsgeschichte zeigen.
  • Die Stele mit dem ältesten Frauenbild fand die kanadische Archäologin Kathryn Reese-Taylor von der Universität Calgary in Naachtun, noch einer Maya-Stadt im Dschungel.

In der heutigen Zeit hat der Bürgerkrieg (1960 bis 1996, 100.000 Tote) zwischen den Nachfahren der Maya und dem Militär (Nachfahren der Eroberer?) Ausgrabungen in Guatemala lange verhindert. Aber jetzt scheint es so richtig loszugehen mit den Entdeckungen.

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