Film über Tiroler Siedler im peruanischen Regenwald

Tiroler, Rheinländer und Bayern siedeln seit 120 Jahren im peruanischen Amazonasgebiet – in dem von ihnen 1859 gegründeten Dorf Pozuzo. Erleben kann man die heutigen Ãœberbleibsel davon jetzt im Kino – allerdings vorerst nur in Berlin. Die Kulturabteilung der Botschaft von Peru lädt am 25.11.2006 um 16:00 Uhr in das Kino Babylon in Berlin Mitte. Gezeigt wird der Dokumentarfilm „120 Jahre Einsamkeit“ von Jorge Marroquin Winkelmann und Jörg Förster. Eine deutsche Produktion von 2006, allerdings nur fernsehtaugliche 40 Minuten lang. Der Eintritt ist frei – und nachher wird noch auf ein Glas Wein geladen.

Herr Winkelmanns Familie stammt selber von den deutschen Siedlern ab und gründete 1890 mit den Pozuzinos die zweite deutsche Siedlung, Oxapampa.

Aus dem Pressetext: „Im Jahr 1859 siedeln sich 305 Tiroler, Rheinländer und Bayern im peruanischen Regenwald an und gründen ein Dorf. Sie passen sich dem neuen Klima, Territorium und den ungewöhnlichen Lebensumständen an. Von dem Rest der Welt isoliert und vergessen, bewahren sie über einen Zeitraum von ca. 120 Jahren ihre aus Europa mitgebrachte Sprache, Religion, Architektur und Lebensweise. 1975 bringt die Anbindung an eine Straße dramatische Veränderungen: die Isolation ist aufgehoben, die behütete Identität bedroht. Wir erleben dieses Stück Tirol mitten im peruanischen Amazonasgebiet an einem Wendepunkt seiner Entwicklung und erfahren, warum die alten Gebräuche und Traditionen im Begriff sind zu verschwinden.“

Ãœbrigens wurde gestern, am 20.11.2006, in dem Dorf, wie auch im Rest von Peru, die Gemeinderatswahl durchgeführt. Der bisherige Ortschef, Carlos Gstir-Schaus (hübsch, diese peruanisch-tiroler Namen), soll die besten Chancen haben, den Posten wieder zu ergattern. Anläßlich der Wahl berichtet DerStandard.at über die Hintergründe der Tiroler Auswanderung. Erbrechtliche Gründe hätten für die Auswanderer eine wichtige Rolle gespielt: „Konnte der eigene Boden eine Familie nicht ernähren, so sei auch eine Heirat gesetzlich nicht erlaubt gewesen. Für einige verarmte Kleinbauern sei die Emigration ein Ausweg aus ihrer trostlosen Situation in der Heimat gewesen. Nach viermonatiger Schiffsreise und der Ankunft am Hafen Huacho nördlich von Lima seien die Tiroler unter großen Strapazen und Entbehrungen über die Anden marschiert. Im Frühsommer 1859, nach zwei Jahren härtester Prüfungen, habe die von Abwanderungen und Todesfällen auf 165 Personen dezimierte Gruppe am Rio Huancabamba die „Kolonie Pozuzo“ gegründet.“

Ich würde gerne hin gehen, wenn es nicht so weit weg von Düsseldorf wäre. Hoffentlich wird es bald im Fernsehen gesendet.

Nochmal die Fakten:

  • Dokumentarfilm „120 Jahre Einsamkeit“ von Jorge Marroquin Winkelmann und Jörg Förster
  • Samstag, 25.11.2006, 16:00 Uhr
  • Kino Babylon
  • Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin-Mitte

Weiteres dazu:

Straßenkinder in Lima

Ronald
(Foto: Claudia Hasse und Ben Witte)

Terokal ist ein Klebstoff und dient nicht nur zum Leimen von Schuhen, sondern auch als Quelle von berauschenden oder zumindest benebelnden Gasen, die Straßenkinder in Peru schnüffeln, um ihre Drogenabhängigkeit zu bedienen und Aussichtslosigkeit und die extreme Armut zu vergessen, in der sie leben.

Ca. 50% der Peruaner leben in Armut, ca. 14% in absoluter Armut (Quelle). 44% aller Einwohner sind Kinder oder Jugendliche. Daraus folgt, dass ca. 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche in Peru in absoluter Armut leben. Natürlich sind die nicht alle Straßenkinder, aber es verdeutlicht ein bisschen die Dimension der Not.

Julio
(Foto: Claudia Hasse und Ben Witte)

Zum Glück für zumindest manche dieser Kinder gibt es Organisationen und Einzelpersonen, die sich für sie einsetzen und versuchen, sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Ein Beispiel dafür ist das Instituto Mundo Libre (IML) in Lima, ein Projekt für Straßenkinder in Lima. Der Diplompsychologe Ben Witte und die Diplompolitologin Claudia Hasse waren dort bis vor wenigen Tagen vor Ort und stellen das Zentrum auf ihrer Webseite mundolibre.de (2006) (*1) vor:

„Das IML ist ein therapeutisches Zentrum für Straßenkinder in Lima, Peru. Es besteht aus zwei Häusern, eines für etwa 40 Jungen und ein weiteres für ca. 20 Mädchen. Alle Kinder haben in ihrer Vergangenheit Drogen konsumiert, vor allem Terokal (Klebstoff) und Marihuana. Sie lebten teils oder ständig auf der Straße und haben Armut, Gewalt oder Misshandlung in ihren Familien erlebt. Das Geld für die Drogen beschafften sie durch Arbeit auf der Straße, Betteln, Diebstähle oder Prostitution. Tausende Kinder leben in Lima auf der Straße. Dies ist auch der Ort, an dem Mitarbeiter des IML die ersten Kontakte knüpfen. Ein Straßenteam nimmt über einen längeren Zeitraum Kontakt zu den Kindern auf und schafft somit die erforderliche Vertrauensbasis für den Einstieg in das Rehabilitationsprogramm.

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Brief aus Peru: Karneval in Lima

— Ãœbersetzung aus dem Spanischen von Rocio
Brief aus Peru

Der Karneval in Peru fängt immer am ersten Sonntag im Februar an, in manchen Stadteilen wird er fast jeden Tag gefeiert. Die Kinder haben das meiste Glück dabei, denn sie bereiten sich mit Wasserballons vor, und Wasserpistolen sind ihre Begleiter, wenn sie mit der Mama zum Sport gehen, den sie in der Ferienzeit haben. Diese Pistolen schießen ungefähr 2 bis 3 Meter weit. Zusätzlich gibt es besonders für die Kinder grosse Pappen mit vielen Türchen, die auf der Rückseite schon schon mit Luftballons in verschiedenen Größen bestückt sind, die später als Wasserballon benutzt werden. Jedes Fenster ist numeriert von 1 bis 100, jedes kostet ein paar Cent – der Spaß dabei ist, den größten Luftballon zu gewinnen!

Tuco Sibarita
Tuco Sibarita

Die Art der Spiele hängt vom Bezirk ab. In manchen Stadtteilen versorgen sich die Jugendlichen mit schwarzer Schuhcreme oder Wandfarbe oder allem was eine Farbe hat, manche benutzen auch “Tuco Sibarita� (ein rotes Gewürz für Nudelgerichte). Und wenn gegen 12 Uhr mittags am Samstag oder Sonntag die Mädels spazierengehen, laufen die Jungen hinterher und die Mädchen, die Armen, werden mit verschiedenen Farben bemalt und dann werden sie in den Schlamm geschubst, so dass, wenn sie aufstehen, niemand sie wiedererkennen kann.

Wer im Bus fährt und eine Fenster auf hat, muß damit rechnen, dass ein Ballon voll Wasser oder Farbe reingeschickt wird.

Jeden Sonntag abend waren, bis vor wenigen Jahren, die Jungen mit den sogenannte “Mata Cholas� unterwegs. Das waren Strumpfhosen gefüllt mit Talk oder Mehl, zu einer Kugel geformt. Und diese wurden meistens auf Frauen geworfen, das tat weh. Heute wird in der Hauptstadt nicht mehr damit gespielt, aber in manchen anderen Städten von Peru schon, besonderen in den Anden.

Als ich Kind war, gab es eine Geschichte bei uns zu Hause mit meinen Geschwistern. Wir hatten mittags Zeit zum Essen, meine Geschwister waren schon am Tisch, als jemanden geklingelt hat. Da waren zwei Freundinnen von meinen Geschwistern, die gerne mit uns gesprochen haben – bis eine von den beiden meinem Bruder Renato zum Spaß Ketchup ins Gesicht geworfen hat. So hat der Spaß angefangen. Meine beiden Brüder Renato und Marco machten unsere Badewanne voll mit Wasser und haben die beiden Mädels reingeschmissen. Natürlich waren sie noch mit der Schuluniform angezogen. Sie haben sich dann gegenseitig mit allem möglichem weiter beschmiert, mit Talcum (Puder), Schuhcreme, Ketchup, Senf, allem was Farbe hatte, alle gegen alle – auch die Wände, die Sofas, den Boden, 2, 3, 4 Stunden lang. So ist die Zeit verlaufen bis meiner Mutter von der Arbeit zurückkam und klingelte. Sie sollte dann draussen warten, während wir alles sauber machen mussten. Die Mädels konnten so nicht nach Hause gehen, deshalb mussten ihre Mütter sie abholen, die nicht anders konnten, als lachen, als sie ihre Töchter sahen.

Das lustigste an Karneval für meine Schwester und mich war, so viele Luftballons voll Wasser zu machen wie möglich und aus unserem Fenster von der dritten Etage einfach auf die Jungen zu werfen, die unten vorbeigelaufen sind. Die waren uns meistens dankbar zu dieser Zeit, denn: wer wollte nicht ein bisschen Wasser bekommen an einem warmen Tag?

(Dieser Artikel auf Spanisch.)

Neue Gastautorin bei Latinlife.de – Patricia schreibt den Brief aus Peru

Das Leben in Lima, Peru, ist anders als das Leben in Deutschland. Nicht nur, dass Sommer und Winter vertauscht sind und das Wasser im Abfluß andersrum heruntergurgelt. Nicht nur Politik und Wirtschaft, nein, auch und besonders der Alltag, die Traditionen, die Feiern und Feste, das Familienleben, Freizeit, Schule, Studium, Arbeit, das Essen und der öffentliche Personennahverkehr unterscheiden sich in unzähligen, interessanten Details.

Patricia
Patricia Verano Silva
schreibt den Brief aus Peru

Von einige dieser Details wollen wir euch auf Latinlife.de erzählen – im „Brief aus Peru“. Der Brief aus Peru wird eine neue Rubrik von Latinlife.de. Den ersten Brief schreibt uns Patricia Verano Silva, unsere neue Gastautorin aus Peru. Sie stellt sich selber vor:

„Hola, mi nombre es Patricia. He nacido en Lima-Perú, tengo 3 hermanas y 2 hermanos, soy estudiante de Sistemas de la Universidad Femenina Sagrado Corazón, Lima-Perú. Soy investigadora de la historia de nuestros antepasados, todo lo relacionado con nuestras raíces; asimismo tengo una fuerte inclinación por el conocimiento de la filosofía y los angeles. En si, me fascina todo lo que tenga que ver con la verdad de la vida. Por el momento me dedico a vender discos en formato DVD a través de mi página web.“ — Patricia

Patricia ist in Lima geboren, hat drei Schwestern und zwei Brüder und studiert im Studiengang Systemingenieur an der Universidad Femenina Sagrado Corazón in Lima. Sie interessiert sich für Geschichte und Philosophie. Nebenbei verkauft sie DVDs über eine Webseite.

Das Thema des ersten Briefes wird der Karneval in Lima – und der Brief erscheint pünktlich und inhaltlich passend zum Hoppeditz Erwachen am 11.11.2006 um 11 Uhr 11, dem Beginn der Karnevalszeit. Wir wünschen euch viel Vergnügen mit dieser neuen Rubrik und wir wünschen uns, dass noch viele weitere Briefe folgen werden.

Die Briefe: