Brasiliens Präsident Lula muss unerwartet in die Stichwahl

In Brasilien wird der Präsident neu gewählt. Am Sonntag, 1.10.2006, war die erste Runde. Der aktuelle Amtsinhaber Luis Inacio Lula da Silva war der scheinbar sichere Favorit für eine absolute Mehrheit. Aber nun ist es mal wieder knapper geworden, als gedacht. Lula (48,6 %) muss in der Stichwahl am 29. Oktober gegen den Sozialdemokraten Geraldo Alckmin (41,63 %) antreten. Im Spiegel Online berichtet Jens Glüsing über die Hintergründe, die anscheinend mit den Korruptionsaffären seiner Regierung zu tun haben.

Mehr dazu:

Dreiländereck Brasilien, Peru, Kolumbien im Radio

Im Deutschlandfunk lief am 1.8.2006 ein Feature von Gaby Weber über Tabatinga, eine Stadt im Dschungel Südamerikas. Die Stichworte versprechen spannende 45 Minuten:

In Tabatinga, am Dreiländereck Brasilien, Peru und Kolumbien, führen sie eine friedliche Koexistenz: kolumbianische Drogenhändler und Guerilleros, nordamerikanische Rauschgiftfahnder und Militärberater, europäische Biopiraten und brasilianische Grenzsoldaten. Gesetze existieren nicht, Gefahren aller Art lauern am Ufer des Río Solimões.

Der Deutschlandfunk stellt seine Features und andere Sendungen auch als MP3 ins Netz – das kann allerdings noch ein paar Tage dauern. Bis dahin kann man schon mal das Script zur Sendung lesen.

Konzert: Los Van Van, Orishas und Margareth Menezes am 7. Juli in München

Wer am 7. Juli in München sein kann, sollte sich dieses Festival-Konzert-Bündel nicht entgehen lassen: Los Van Van, Orishas und Margareth Menezes spielen in der Zenith Kulturhalle ihren „explosiven Salsasound“ (Los Van Van), „energiegeladenen Samba-Reggae“ (Margareth Menezes) und „funky Fusion aus Salsa-Swing und spanischen Sprechgesang“ (Orishas) (Zitate von Salsa.de). Dazwischen gibt’s noch diverse Showtänze und hinterher Party mit zwei DJs (im Musiktempel 4004, Shuttelbusse). Dazu einen kubanischen Zigarrendreher, Cocktails, Salsatanzkurs etc. Für das vollgepackte Programm muß man dann auch 46 Euro hinblättern. Allerdings: mit 20 Prozent des Gewinns wird ein brasilianisches „Ballet mit Slumkindern“ (UNESCO-Projekt) gesponsort, wie dem Pressetext zu entnehmen ist.

Mehr Infos auf Salsa.de oder der Homepage des „Festival Latino Munich 2006“.

Dazu:

Konzert, Festival, Salsa, Samba, Reggae, München, Los Van Van, Orishas, Margareth Menezes

Karneval der Diebe in Rio de Janeiro

Der ältere Lehrer James Anders beobachtet Jahre lang aus dem Fenster seines Klassenzimmers in Rio de Janeiro die Lieferung von Diamanten an die Brasilianische Diamantengesellschaft im Gebäude gegenüber. Genug Zeit, um den perfekten Raub zu planen. Nach seiner Pensionerung stellt er vier Ganster ein, um seinen Plan auszuführen: einen Techniker, einen Playboy, einen Safeknacker und einen Ex-Militär. Während auf Rios Straßen rauschend der Karneval gefeiert wird, soll der Playboy eine Angestellte der Gesellschaft verführen, um an einen Schlüssel zu kommen. Nach ein paar spannenden Verwicklungen verschwinden die Räuber im Gewühl des Karnevals.

Dies ist – ohne zuviel zu verraten – der Plot des Filmes Top Job – Diamantenraub in Rio“ („Ad ogni costa“ / „Gand Slam“) des italienischen Regisseurs Giuliano Montaldo aus dem Jahr 1967 mit Edward G. Robinson und Klaus Kinski. Ich habe den Film früher gerne gesehen. Besonders einprägsam fand ich den Mix aus Krimi-Spannung und der Ausgelassenheit und Exotik des Karnevals im Rio. Heute habe ich an diesen Klassiker gedacht, als vom Kunstraub in Rio de Janeiro berichtet wurde: während draußen der Karneval tobte, sind am Freitag vier bewaffnete Männer in das Chácara do Céu Museum eingedrungen und haben sich gezielt die vier wertvollsten Bilder (50 Millionen US-Dollar, Schätzung von Kunstkenner Luiz Camillo Osorio) geschnappt, noch ein paar Besucher ausgeraubt und sind dann im der Menschenmenge hinter einer Samba-Band verschwunden. Gestohlen wurden folgende Bilder europäischer Künstler aus der Sammlung des Industriellen Raymundo Ottoni de Castro Maya:

  • Pablo Picasso: The Dance / Der Tanz
  • Salvador Dalí: The Two Balconies / Die zwei Balkone
  • Henri Matisse: Le Jardin du Luxembourg / Luxembourg Garden
  • Claude Monet: Marine

Quelle: Times Online.

Die Bilder sind zu bekannt, um verkäuflich zu sein. Vermutet wird, dass es eine Entführung ist, um Lösegeld zu erpressen. Skuril finde ich, bei einem solchen Millionenraub auch noch die Museumsbesucher um Uhren, Schmuck und Brieftaschen zu erleichtern. Ich vermute, die Auftraggeber hatten irgendeinen Kleinkriminellen zum Schmierestehen engagiert, der es nicht lassen konnte. Davon soll es ja reichlich geben in Rio, einer der gefährlichste Städte der Welt, mit jährlich 50 Morden pro 100.000 Einwohner.

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Presseschau der Informationsstelle Lateinamerika

Die Suche nach interessanten Zeitungsartikeln über Lateinamerika hat sich für mich erstmal erledigt, nachdem ich die „Presseschau“ des „ila“-Vereins gefunden habe. Zumindest im deutschsprachigen Bereich. Hier gibt es jede Woche zig Hinweise auf Artikel, jeweils mit Titel, Datum und einem kurzen, erklärenden Kommentar. Und die Leute sind schnell: „heute“ ist erst 30 Minuten alt, und es sind schon 16 frische Artikel eingetragen. Alle Achtung!

„ila“ steht für „Informationsstelle Lateinamerika e.V.“, ein gemeinnütziger Verein aus Bonn, der seit fast 30 Jahren aktiv ist. Hier aus der Selbstbeschreibung:

Die ila ist ein unabhängiger, gemeinnütziger Verein, der sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Hier arbeiten JournalistInnen, LehrerInnen, StudentInnen, WissenschaftlerInnen und ehemalige EntwicklungshelferInnen, die alle jeweils verschiedene lateinamerikanische Länder aus eigener Erfahrungen kennen.

Lateinamerika in den News bis KW 06/2006

Hier einige recht interessante Artikel verschiedener Medien aus der letzten Zeit:

  • Florian Rötzer: Pipeline für Südamerika. Telepolis, 21.01.2006.
    Ãœber den Beschuß, eine Gaspipeline in einer Länge von bis zu 10.000 Kilometern von Venezuela nach Brasilien und Argentinien zu bauen (um den Mercosur-Gegner Kolumbien herum). Zitat: „Das Treffen am vergangenen Donnerstag zwischen den linken Präsidenten Lula da Silva (Brasilien), Nestor Kirchner (Argentinien) und Hugo Chavez (Venezuela) in Brasilien markiert einen weiteren Schritt zur engeren Verflechtung auf dem lateinamerikanischen Kontinent. […] Der Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur gilt den drei Präsidenten als wichtiger Schritt. Chavez versucht, mit den Öl- und Gasvorkommen Venezuelas die von ihm gewünschte Integration Lateinamerikas unter dem Zeichen der „bolivarianische Revolution“ voranzutreiben.“
  • Britta Scholtys: Südamerika drängt nach links. SWR.de, 22.01.2006.
    Ãœber den Aufwind der südamerikanischen Linken gegen den Wirtschaftsliberalismus. Am Beispiel Argentinien, Mercosur und Chavez’s ALBA-Projekt. Zitat: „Ob Latein- oder zumindest Südamerika auf dem Weg ist, eine Art „dritten Weg“ einzuschlagen, ist noch nicht sicher. Sicher aber ist, dass eine neue Politik gesucht wird, die sozial, armutsbekämpfend, umverteilend und menschenrechtsorientiert ist.“
  • Peru and Brazil inaugurated the new Integration Bridge. Mercopress.com, 22.1.2006.
    Ãœber die Eröffnung einer Brücke zwischen Peru und Brasilien durch die Präsidenten Toledo und Lula, die eine Handelsroute zwischen den Ozenanen öffnet. Toledo dazu: „the bridge may be built of iron and cement, but inside it are the heart and soul of our zeal for South American integration.“
  • Mary Milliken: Smiling and single, woman leads Peru president race. Washington Post, 8.2.2006
    Ãœber die peruanische Präsidentschaftskandidatin Lourdes Flores Nano. Zitat: „Flores has never married and has no children but she nurtures voters like a mother. With a permanent big-toothed smile on her face, she caresses the windburned faces of indigenous children, dances with teenagers and tells mothers to take care of their health.“

FAZ.NET: Länder am Rande der Anarchie

Ein Artikel aus der FAZ.NET vom 22. Dezember 2005 räumt mit dem Begriff der „linken“ Politik in Lateinamerika auf und analysiert die politische Lage in Lateinamerika: Leitartikel: Lebendiges Museum – FAZ.NET – Politik

Eine zutreffende Charakterisierung Lateinamerikas lautet, der Subkontinent sei ein „lebendiges Museum“. Seit fünfhundert Jahren existieren Sozial- und Wirtschaftsformen, deren Wurzeln bis in die Zeit vor der Entdeckung reichen, neben „modernen“ Ideologien, die von einem Extrem in das andere wechseln. Auch die meisten Staatswesen muten wie lebendige Museen an. Ihre meist schwachen Institutionen und die allgegenwärtigen Patronage- und Klientelbeziehungen vermitteln den Eindruck, als lebe der Kontinent geistig im 17. oder im 19. Jahrhundert. Wirtschaftlich ist er indes dank seines Reichtums an Energieträgern und Rohstoffen ein wichtiger geoökonomischer Faktor im 21. Jahrhundert. Diese Ungleichzeitigkeit ist nicht skurril, sondern gefährlich – auch für Europa.

Der Autor Daniel Deckers geht besonders ein auf

Lateinamerika sei keine Projektionsfläche für Sozialromantik. Einige Länder Lateinamerikas stünden am Rande der Anarchie und der Unregierbarkeit.

Politik, Wirtschaft

WM Vorrunde: Deutschland gegen Lateinamerika und Polen

Costa Rica dürfte bei der WM 2006 in Deutschland zumindest einen Tag lang die Aufmerksamkeit der ganzen Welt genießen: das mittelamerikanische Land wird das Eröffnungsspiel am 9. Juni 2006 in München gegen Deutschland bestreiten. Außer Costa Rica wurden heute noch Polen und Ecuador in die Gruppe A gelost, in der Deutschland als Gastgeber sowieso schon den A1 Platz hat. Mit Ecuador tritt also gleich noch ein zweiter Vertreter Lateinamerikas in der Vorrunde gegen Deutschland an. So wird mindestens einer von beiden die Vorrunde wohl nicht überleben, denn neben Deutschland kann ja nur noch einer weiterkommen (und dass die Deutschen versagen, wäre angesichts dieser Gegner unentschuldbar – das hat zumindest Günter Netzer heute geäußert). Ich tippe, das Ecuador rausfliegt, denn die Ecuadorianer spielen anscheinend am besten in dünner Luft. Bei der WM-Qualifikation holten sie fast alle Punkte in Heimspielen in Quito – auf 2850 Meter Höhe.

Nun ja, Hauptsache Brasilien bleibt uns bis ins Finale erhalten: Als Sieger der Gruppe F spielt Brasilien am 27.6.2006 gegen den Zweiten der Gruppe E (Italien, Ghana, USA oder Tschechien), dann im Viertelfinale am 1.7.2006 gegen den 1. H/2. G-Sieger (Spanien?), dann im Halbfinale 5.7. in München und schließlich folgt das Finale Brasilien gegen Deutschland am 9.7. in Berlin. Die Finalspiele mit Brasilien würde ich mir gerne wieder auf der Großbildleinwand vor dem Sucos do Brasil ansehen, einer brasilianischen Bar in der Altstadt von Düsseldorf. Das war immer ein besonderes Erlebnis, selbst wenn man wegen Überfüllung mal keine gute Sicht auf die Leinwand hat.

Hier die Liste aller lateinamerikanischen WM-Teilnehmer:

Und:

Ich schließe diesen Beitrag mit den Worten des Deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler: „Nun, dass die Welt heute auf Deutschland guckt“ – auf die Frage, was es denn bedeutet, dass die Welt heute auf Deutschland guckt. Sinngemäß zitiert nach einer Befragung durch eine Blondine im blauen Wurstpellenkleid (Heidi Klum) mit präsidentenverwirrend tiefem Ausschnitt bei der heutigen Verlosungsshow im ARD. Womit auch schon die Highlights der Show angesprochen wären.