Der Staatsterrorismus der USA nach Harold Pinter

„Es gibt keine klaren Unterschiede zwischen dem, was wirklich und dem was unwirklich ist, genauso wenig wie zwischen dem, was wahr und dem was unwahr ist. Etwas ist nicht unbedingt entweder wahr oder unwahr; es kann beides sein, wahr und unwahr.“

So beginnt der Harold Pinter seine Rede zum Literaturnobelpreis, den er gerade verliehen bekommt. Die Rede des britische Dramatikers wurde heute auf der Webseite der Schwedischen Akademie veröffentlicht.

Im weiteren Verlauf geht es in der Rede nicht mehr so wischi-waschi-philosophisch weiter, sondern Pinter kommt so richtig zur Sache. Hier ein paar Schlüsselwörter: „infam, unbarmherzig, Banditenakt, Staatsterrorismus, brutale Unterjochung, systematische Verbrechen, bösartige Wucherung, Faulbrand, Verachtung, Massenmörder, Kriegsverbrecher, Folter, Streubomben, Elend, Demütigung, Tod, Massenhypnose.“

Gemünzt sind diese Worte in allen Fällen auf die USA, die Pinter wegen dem Irak-Krieg und auch der Außenpolitik seit dem Ende des 2. Weltkriegs angreift. Für eine Nobelpreisrede anscheinend starker Tobak, so dass der Spiegel von einem Eklat spricht.

Pinter: „Die Verbrechen der Vereinigten Staaten waren systematisch, konstant, infam, unbarmherzig, aber nur sehr wenige Menschen haben wirklich darüber gesprochen. Das muss man Amerika lassen. Es hat weltweit eine ziemlich kühl operierende Machtmanipulation betrieben, und sich dabei als Streiter für das universelle Gute gebärdet. Ein glänzender, sogar geistreicher, äußerst erfolgreicher Hypnoseakt. […] Sie haben sogar ein kleines, blökendes Lämmchen, das ihnen an einer Leine hinterher trottelt, das erbärmliche und abgeschlaffte Großbritannien.“

Die Machtmanipulation erläutert er in seiner Rede ausführlich am Beispiel der Einmischung der USA in Nicaragua.

„Die Vereinigten Staaten unterstützten die brutale Somoza-Diktatur in Nicaragua über 40 Jahre. Angeführt von den Sandinisten, stürzte das nicaraguanische Volk 1979 dieses Regime, ein atemberaubender Volksaufstand. […] Die Vereinigten Staaten stürzten schließlich die sandinistische Regierung. Es kostete einige Jahre und beträchtliche Widerstandskraft, doch gnadenlose ökonomische Schikanen und 30.000 Tote untergruben am Ende den Elan des nicaraguanischen Volkes.“

Pinter war offenbar dabei: er berichtet von einem Treffen in der amerikanischen Botschaft in London Ende der 80er Jahre, bei dem es darum ging, ob der amerikanische Kongress die Contras im Kampf gegen die sandinistische Regierung mit mehr Geld unterstützt. Er sprach dabei für Nicaragua – hat aber offensichtlich nichts genutzt, USA zahlte.

Ein erfrischendes Erlebnis, einmal eine Dankesrede zu erleben, die Aufmerksamkeit erregt. Stichworte wie Ronald Reagan, Daniel Ortega, Iran-Contra-Affäre, die ich noch aus meiner Jugend kenne, aber deren Zusammenhänge mir damals mehr oder weniger entgangen sind, werde ich jetzt wohl mal nachrecherchieren.

Material

Welche lateinamerikanische Musik hörst du am liebsten?

Die Frage nach der Lieblingsmusik ist vielleicht ein bisschen platt, aber mir ist für’s erste nichts besseres eingefallen. Ich habe heute herausgefunden, wie man eine Abstimmung in einem Blog durchführen kann – und das wollte ich unbedingt gleich ausprobieren. Das Ergebnis meiner Neugier seht ihr oben links auf dieser Seite über dem Knopf „Vote“. Wer sich vor der Antwort noch etwas eingehender informieren möchte, kann das z.B. in der Wikipedia im Artikel über lateinamerikanische oder kubanische Musik tun.

Was die anderen Besucher gestimmt haben, seht ihr übrigens erst, wenn ihr selber abstimmt. Also ran!

Goldener Enthaarer im Spiegel

Zu der Inkagold-Ausstellung (Enthaarer u.a.), zu der ich vor einigen Tagen hier berichtet habe, gibt es jetzt auch ein Interwiew im Spiegel. Und zwar mit dem Kurator der Ausstellung, Wilfried Morawetz. Morawetz ist hauptberuflich der Leiter des Lateinamerika-Zentrums der Universität Leipzig. Im Spiegel erzählt er einige kurze, aber spektakuläre Anekdoten rund um das Inkagold.

Die „Goldstücke“ kommen übrigens wirklich aus dem Limaer Museo de Oro del Perú, wie der Kurator bestätigt. Die Tochter des Sammlers, Victoria Mujica, hat die Ausstellung sogar eröffnet.

Späte Revanche: Erobert Peru Europa?

Erst vor 2 Tagen rettete ein Peruaner Bayerns Ehre (Claudio Pizarro), und nun lese ich, dass es ein Peruaner war, dem Diana Spencer (Lady Di, Ex-Frau von Prince Charles) im letzten Fotoshooting Modell lag (Mario Testino) – Fotos der oben links halbnackten Diana zeigt Spiegel Online. Dazu liest man, dass heutzutage in Europa geborene Kinder, die ein peruanisches Elternteil haben, automatisch die peruanische Staatsbürgerschaft bekommen – das gilt dann wohl auch für deren Kinder, Enkel, Urenkel usw., die dann alle Peruaner werden. Auch entziehen immer mehr schöne Peruanerinnen dem deutschen Heiratsmarkt die Männer. Unterwandern die Peruaner Europa?

Lesetipp: South American Journal

Beim Stöbern durch meine Bildersuche nach typisch afro-peruanischen Instrumenten cajon, cajita und quijada de burro, die ich im Eva-Ayllon-Konzert das erste mal gesehen habe, bin ich gleich zu Anfang auf das Blog von dem us-amerikanischen Latino Don Ball Carbajal gestoßen, das South American Journal. In einem Artikel über die Band und Tanzgruppe Perú Negro zitiert der Blogger eine Beschreibung der drei Instrumente und liefert auch das passende Foto von Perú Negros Rhytmussektion dazu. Sein Tipp: ein Demovideo mit einer peruanischen Tanzshow (Realaudio) auf der Webseite perunegro.org.

Das Blog von Don Ball Carbajal trägt den leicht poetischen Untertitel „Wanderings through a continent of beauty and mystery“. Thema ist also Südamerika und der Schwerpunkt liegt dabei auf Peru und Equador. Auffallend sind die ausdrucksstarken und persönlichen Bilder und die überraschenden Artikel, z.B. über Frauen-Wrestling in Bolivien, Dalí in Lima, Voodoo usw. Leider ist der jüngste Eintrag schon von August – ist das Blog aufgegeben? Schade, aber zumindest sieben Monate stehen zum Nachlesen bereit.

Eva Ayllón in Bonn: Kistentrommel, Klapperkiste und Unterkiefer

Eva Allón in der Bonner Harmonie

Rocio und ich waren am 14.11.2005 mit Freunden auf dem Eva-Ayllón-Konzert in Bonn, das ich vor kurzem hier angekündigt habe. Es war sehr schöner Abend. Der Saal war voll, wenn auch nicht überfüllt, und die Stimmung war super. Die Peruaner (-innen) waren im Publikum klar in der Mehrheit, was auch daran zu erkennen war, dass bei vielen Songs der ganze Saal innig die offenbar sehr bekannten Texte der afro-peruanischen Musik mitsang.

Eva Allón in Fahrt

Ein Heimspiel für Eva Ayllón, die nicht nur sehr schön sang, sondern auch eine kleine Tanzshow aus typisch peruanischen Tänzen hingelegt hat. Ein Tanz besteht zum Beispiel darin, sich ein Papiertaschentuch hinten in die Hose zu stecken und dann den Popo so wild hin und her zu schwenken, dass der Tanzpartner es nicht schafft, das Tuch mit einer Kerze anzuzünden. Natürlich alles im Rhythmus des „El Alcatraz“ – so heißt der Tanz. Das bringt auf Partys sicher eine Menge Spaß (vor allem, wenn der Kerzenhalter es doch schafft). Leider habe ich davon kein gutes Foto, aber hier ist eine Webseite mit einer sehr schön bebilderten Erklärung.

Eva Allón und ihre Schwester

Ayllón hatte ihre Schwester für den Hintergrundgesang dabei und dazu eine 4-köpfige Band an Keyboard, Bass, Gitarre und Congas. Sehr gut gefallen haben mir die exotischen Instrumente, die die Band dabei hatte: eine Kistentrommel, eine Klapperkiste und einen Unterkiefer.

Die Kistentrommel heißt Cajón (hier Bilder bei Google). Beim Spielen sitzt der Musiker breitbeinig darauf schlägt wild auf die vordere Holzfläche. Hier zwei Fotos von dem Bandmitglied, dass sich bei einem Cajon-Solo zunehmend in Extase spielt.

Furioses Cajon-Solo

Die Klapperkiste heißt Cajita (hier Bilder) und man hängt sie sich an einem breiten Band um den Hals, so dass sie vor dem Bauch baumelt. In der einen Hand hält man dazu einen Holzschlägel mit dem man auf der Kiste rumtrommeln kann. Mit der anderen Hand hält man den Stil von dem aufklappbaren Deckel der Kiste und klappt diesen auf und anschließend mit Karacho wieder zu. Ein wirkungsvolles Rhythmusgerät.

Brummender Kiefer und klappernde Kiste

Der Unterkiefer ist skelettiert und stammt von einem großen Tier – wie ich mir sagen ließ, von einem Esel, demnach ein Quijada de Burro. Wenn man dagegenschlägt, rappeln die losen Backenzähne mit einem eigenartig sonoren Brummen. Außerdem kann man mit einem Stab über die Zahnreihen reiben, was dann das typische Rattern hervorbringt, das man von den Huiros kennt.

Also, das Konzert war auf jeden Fall ein Erlebnis, dass ich empfehlen kann.

EchoLatino bringt Novemberausgabe und Radiosendungen

Die Novemberausgabe von EchoLatino („Das Magazin für Kultur, Musik, Menschen und Tanz“) ist fertig und steht hier zum Download bereit. Die Zeitschrift liegt in drei Teilen vor: Teil 1, Teil 2 und Teil 3. Der Inhalt ist wieder bunt gemischt zwischen Freizeit und Sozialkritik. Lesenswert, finde ich. Mein Urteil kann ich aber nur für die Artikel auf Deutsch abgeben. Gut die Hälfte vom Inhalt, eher mehr, ist auf Spanisch geschrieben.

Auf derselben Seite bieten die Macher von EchoLatino jetzt auch ihre Radiosendungen als MP3 zum herunterladen an. Das aktuelleste ist die Sendung vom 10.11.2005. Allerdings ist der Download nur mit Breitband zu empfehlen: die Datei ist 53 Megabyte groß. Bisher habe ich noch nicht geschafft die Dinger herunterzuladen, aber ich versuche es weiter.

Die Juli-Ausgabe des Heftes ist nicht mehr verlinkt, aber der Link in meinem vorigen Post über EchoLatino funktioniert noch. Letzte Chance?

Leipzig zeigt goldene Nasenplatten und Enthaarer aus dem alten Peru

In Peru gibt es eine Menge Gold, früher und auch heute noch. Peru ist der größte Goldlieferant in der Region Südamerika – und wächst weiter: seit 1997 verdoppelte sich die Goldproduktion. Der peruanische Minenkonzern Buenaventura zählt nach Börsengewicht zu den Top Ten der Goldkonzerne (Quelle: Handelsblatt.com). Der Konzern betreibt die profitabelste Goldmine der Welt, das Yanacocha-Projekt. Die Aktienbesitzer macht das glücklich, aber es gibt auch Probleme damit, z.B. Umweltzerstörung. So werden angeblich für ein Gramm Gold ca. 166 Gramm Zyanid eingesetzt (Quelle: kulturkritik.net). Zyanid läßt Fische schonmal gerne mit dem Bauch nach oben schwimmen.

Jedenfalls hat das Fördern und die Verarbeitung von Gold eine lange Tradition in Peru. Bei den Inka z.B. war das Gold heilig und man schätze es als eine Gabe der Götter und Abbild der Sonne. Einen materiellen Wert hatte es für die Inka nicht (Quelle: Inkagold-Ausstellung.de). Anders sahen das die Spanier unter der Führung von Francisco Pizarro, die das Inka-Reich zerstörten und das Gold raubten. Ironie des Schicksals: Pizarro überschwemmte Spanien mit dem Diebesgut und löste dort so die erste galoppierende Inflation aus.

Ab heute bis 28.2.2006 werden in Leipzig einige Schätze aus dem Reich der Inka und anderer Völker Perus gezeigt. Vor ein paar Tagen wurden die Exponate zur Ausstellung „1000 Jahre Inka-Gold“ im Romanushaus zu Leipzig (gegenüber Museum für Bildende Kunst, Katharinenstraße 23, D-04109 Leipzig) überführt. Die Wertsachen wurden ordentlich gesichert: durch „zwei gepanzerte Transporter, bewaffnete Wachleute und Polizei-Eskorte“ laut Leipziger Volkszeitung. Hoffentlich bricht nun niemand in das Romanushaus ein. Das Museo de Oro del Perú in Lima, laut Peruanischer Botschaft ein Mitveranstalter der Ausstellung, ist jedenfalls mehr oder weniger ein im Boden eingegrabener, begehbarer Tresor, umgeben von einem großräumig abgesicherten Gebiet.

Einige Exponate kann man sich auf der Webseite der Ausstellung ansehen. Welche Geschichten verbergen sich wohl hinter so scheinbar alltägliche Gebrauchsgegenständen wie Nasenplatten und Enthaarer?

Googlen nach:

Servicetipp: Hamburger Lateinamerikaportal SoLatino

Man hat uns entdeckt! Der findige Webmaster von SoLatino.org hat unser Lateinamerika-Blog als Erster aufgespürt, sogar noch bevor wir bei Google verzeichnet sind. Der erste Link, der von außen auf unsere Seiten zeigt, findet sich im Abschnitt „Internet-Portale“ auf der Links-Seite von SoLatino. Danke!

SoLatino ist die Abkürzung für Sociedad Latinoamericana de Hamburgo e.V. . Auf SoLatino.org sind aktuelle Infos zu allem rund um Lateinamerika in Hamburg zu finden, darunter aktuelle Events aus Kultur, Kunst und Wissenschaft – und auch Partytipps. Dahinter steht offenbar eine gut gepflegte Datenbank. Der Verein gibt auch quartalsweise eine Zeitschrift heraus, das „Kulturblatt“. Diese wird auch online bereitgestellt, nur leider schwer lesbar, da die Seiten mit nur geringer Auflösung als komprimierte Bilder angezeigt werden. Wie wäre es als PDF, wie beim Echolatino?

Eine sch̦ne Seite, vor allem, wenn man in Hamburg wohnt Рoder dort mal vorbeischauen will!

Antike Frauenbrauerei in den Anden

Chicha ist ein bierähnliches Getränk auf Basis von Mais, das in den Anden populär ist. Ich habe einmal Chicha Morada (aus Maiz morado, einem dunkelroten Mais) probiert und es schmeckte nicht schlecht. Wenn ich mich recht erinnere, war es irgendwie lila und schmeckte eher süßlich, auf jedenfall interessant. Mehr als das eine Glas hätte ich allerdings nicht verkraftet, aber das ist mir beim ersten Uerigen (ebenfalls ein regional verbreitetes, bierähnliches Getränk) auch nicht anders ergangen. An alkoholische Wirkung kann ich mich nicht erinnern – ich hatte eher den Eindruck wie bei einem Almdudler, mal von der Farbe abgesehen. Wieviel Prozent da wohl drin waren?

Jedenfalls hat das Getränk auch eine lange Tradition. Schon die Vorgänger der Inka brauten Chicha. Archäologen buddelten in Peru kürzlich eine Brauerei aus, die von den Wari betrieben wurde. Die Wari waren eines der beiden Völker, die in den Anden je ein größeres Reich unterhielten, so ca. von 600 bis 1000 nach Christus, also noch vor dem Superreich der Inka. Das andere Volk waren die Tiwanaku, die rund um den Titicaca-See lebten. Im Moquegua-Tal in Südperu grenzten die beiden Reiche aneinander, und das mag der Gund gewesen sein, warum die Wari hier eine Festung bauten. Der Ort wird Cerro Baúl genannt – und hier wird heute gegraben und geforscht.

Scientific American berichtet heute über die neusten Forschungsergebnisse aus Cerro Baúl: Es waren besserverdiendene Frauen, die das Chicha brauten. Das schließen die Forscher aus schmucken Anstecknadeln, die in der Brauerei auf dem Boden vertreut herumlagen. Beim Abzug der Wari aus dem Gebiet um das Jahr 1000 wurde die Brauerei angeblich rituell in Brand gesteckt. Die Forscher fragen sich noch, ob die Frauen bei dieser heißen Abschlussparty ihre Anstecker in die Flammen warfen oder ob sie im Laufe der vorangegangenen Jahrhunderte die Broschen einfach verloren haben (im Sinne von „laß liegen, tritt sich fest“). Zitat: „At that final party, the women brewers may have tossed their tupus (decorative pins) into the flames or they may simply have lost them during the hot work in the brewery over all the centuries preceding it.“

Ich tippe auf letzteres, denn wer würde sich schon freiwillig von Wertsachen trennen – aber von Frauen, die ihren Schmuck verbummeln, habe ich schon gehört :-)

Mehr Details selber recherchieren: